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Liliput Familienwelt
Lausige Zeiten - eine Kurzgeschichte...
Hallo zusammen
Bei mir ist es schon 10 Jahre her mit dem Bekämpfen der Läuse, aber damals habe ich mir den ganzen Frust und Kampf von der Seele geschrieben, verfasst in einer Kurzgeschichte. Vielleicht erheitert es den einen oder anderen hier.
Es begann so....
Ich sitze in der Küche, schäle ein paar Aepfel und hänge zufrieden meinen Gedanken nach. Der heutige Tag ist einfach toll, denn nach langen Regenschauern lässt sich endlich wieder die Sonne blicken. Ich sehe über die ungeputzten Fenster hinweg. Warum auch nicht? Morgen haben sie eh wieder Regen gemeldet.
Ich höre etwas an der Haustüre poltern und kurz danach trifft meine 17-jährige ein. Wie ein Wirbelwind fegt sie durch die Wohnung. Wie immer hat sie eigentlich keine Zeit überhaupt nach Hause zu kommen.
Im Moment führt sie folgendes Leben:
Schule-kurz nach Hause kommen-10 Minuten Zeit fürs Essen-im Blitztempo duschen-den ganzen Kasten ausräumen-10 Minuten überlegen, was sie eigentlich anziehen soll-lässt sich dabei doch noch schnell von mir davon abhalten, ihr Nachthemd anzuziehen, auch wenn es schön ist und auch wenn sie es über die Jeans tragen will.-wieder Schule-wieder kurz heim mit Gepolter-duschen-wieder die alte Kleidergeschichte. Diesmal entscheidet sie sich doch für das Nachthemd (was soll`s...solange sie es nicht in der Schule trägt?)-kurzes Zurufen, wann sie wieder nach Hause kommt mit dem Zusatz, wo sie eigentlich hingehen will-spät heimkommen, wenn ich schon viel zu müde für irgendeine Diskussion bin. Der nächste Tag, das gleiche Programm.
Meine 17-jährige kommt in die Küche und starrt kurz auf die geschälten Aepfel.
"Hallo Mama. Wie lang darf ich wegbleiben? Heute ist Donnerstag." Sie betont diesen Tag, als wenn er der Freibrief für möglichst lange Wegbleiben wäre.
Wir machen uns eine Zeit ab und sie ruft im Gehen: "Ich bin bei Niki. Tschüss." Die Schlüssel klimpern schon, da flötet sie noch aus der Ferne:" Ach übrigens, ich hab Läuse. Aber es ist nicht so schlimm. Niki hat sie auch." Rums, die Tür fällt ins Schloss und ich sitze wie betäubt da. Eine lange Minute unerträgliche Stille, ein leiser Gedanke, nein, ich will meine Idylle nicht verlieren, dann fahre ich wie von der Tarantel gestochen hoch und rase zur Apotheke.
Mist, mehr Leute als mir lieb sind, warten an der Theke. Als ich dran bin, hat sich hinter mir schon die nächste wartende Schlange gebildet. Ich sage zu der freundlich lächelnden Apothekerin: "Meine Tochter hat Kopfläuse." Das Lächeln der Apothekerin gefriert. Die türkische Mutter mit ihren beiden Jungen weicht einen Schritt von mir zurück. Unwillkürlich juckt es mich am Kopf. Die Apotheken-Kuh reicht mir schweigend ein Mittel über die Theke. Was soll das? Bei jedem Aspirin gibt sie mir ohne zu Bitten ihr fachkundiges Wissen über die Gefahren, Wirkung und Anwendung bereitwillig preis. Und jetzt? Trocken sagt sie nur: "Halten sie sich an die Anweisung des Beipackzettels. Aus-Laus ist das beste Medikament auf dem Markt."
Kein Witzchen heute, kein "schönen Tag", sie ist nur einen Hülle ihrer selbst. Egal, ich zahle und gehe. Beim Verlassen der Apotheke drehe ich mich noch ein mal um und da sehe ich es genau: Frau Apotheke kratzt sich am Kopf.
Zuhause angekommen bricht das Chaos aus. Ich kontaminiere die gesamte Wohnung. Bettwäsche weg, Plüschtiere weg. Im Tiefkühler haben sie keinen Platz. Also ab in Güselsäcke in die wochenlange Finsternis des Kellers. Alle je von meiner Tochter berührten Kleider und Tücher, also die gesamte Kollektion, ab in die Waschmaschine. Gibt grob über den Daumen gepeilt 6 Maschinengänge. Kämme, Bürsten, Spangen, Gummiringe, alles wird ausgekocht. Polsterbezüge der Couch weg, alles wird abgesaugt bis in die kleinste Ritze. Den Frühlingsputz kann ich mir sparen, versuche ich der Situation noch was Positives abzugewinnen.
Meine 13-jährige kommt nach Hause. Ich packe sie mir und schütte den ganzen Inhalt einer Laus-aus-Flasche über ihr Haupt. Eigentlich sollte ein Fläschchen ja für 3 Waschgänge reichen, aber sicher ist sicher. Nach einer Weile trudelt dann wieder meine 17-jährige ein. Meine Alarmglocken haben sie doch noch erreicht. Auf einer Seuchenstation könnte es nicht anders sein: Mürrisch hocken wir drei mit unseren einbalsamierten Köpfen um den Küchentisch.
Ich nehme mir jetzt die Zeit und lese gründlich die Beipackzettel durch: Das Lausproblem betrifft vor allem Kindergärten. Na gut, denke ich, unsere Läuse sind jedenfalls erwachsen, vermutlich wollen sie sich an der Schule weiterbilden. Haha.
Todmüde falle ich spät Abends ins Bett und habe das Gefühl, an meinem ganzen Körper krabbeln kleine Käferbiester herum.
Am nächsten Tag kontrolliere ich meine 17-jährige, die Hauptläuseverursacherin, und falle fast um. Frisch fröhlich krabbelt da eine Laus, als ob nichts wäre. Ich brauche nicht mal eine Lupe. Das ist zuviel. Was mach ich jetzt? Zu meiner Superapothekerin kann ich nicht mehr gehen. Meine Begegnung mit ihr sitzt mir noch in den Knochen.
Ich hole die grosse Schere und rufe nach meiner Tochter.
"Das wagst du nicht", raunzt sie, als sie mich mit Schere sieht. 10 Minuten später sind gute 20 Zentimeter ihrer Haare ab. Tochter ist sauer und ich denke: Schaut gar nicht so schlecht aus. Eigentlich hab ich mir schon lange gewünscht , dass sie ihre dicken kaum zu bändigenden Haare schneidet.
Ich versuche meinen Arzt zu erreichen. Der ist aber in den Ferien, schallt es mir am Telefon entgegen. Ausgerechnet jetzt, wo ich ihn am dringensten brauche.
Ich sammle die ganzen frisch gewaschenen aber inzwischen wieder laus-verseuchten Kleider und Bettwäsche ein und während die Waschmaschine läuft, versuche ich der Arztvertretung klarzumachen, dass ich ein dringendes Problem habe und jetzt einen Termin brauche. Kaltherzig antwortet er mir, ich bekomme keinen Termin, schliesslich bin ich nicht seine Patientin. Ich solle mich an die Apotheke wenden. Ich erkläre ihm, dass das ja das Problem ist: das Mittel aus der Apotheke hat versagt. Das Beste auf dem Markt.
Der Arzt ist kurz ratlos. Dann fällt ihm die Lösung ein: "Scheren sie ihrer Tochter doch den Kopf." Ich murmle noch beim Auflegen, dass meine Tochter ja kein Schaf ist.
Ich fahre ins Nachbardorf. Dort kennt mich keiner, vermute ich. Dick vermummt mit Kappe, Sonnenbrille und Schal betrete ich die Apotheke.
Wie die Geschichte weiterging?
Uns allen brannte am Abend die Kopfhaut. Und am nächsten Tag entdeckte ich wieder eine Laus auf den Kopf meiner Tochter. Lebend, wohlgemerkt.
Komischerweise hatten fast aller meiner Bekannten auch schon mal Läuse und wurden diese los, ohne dass sie die halbe Wohnung tiefgefroren hatten und sich die Köpfe kahl rasierten. Einfach so. Mit einem Mittel aus der Apotheke. Auch unseren Läusen wurde es irgendwann mal zu bunt und sie verschwanden.
Und noch eine Anmerkung: Pflichtbewusst rief ich in der Schule an, um vor den Läusen zu warnen, denn vermutlich kamen sie ja aus dieser Brutstätte. Und nun zitiere ich wortwörtlich die Antwort des Lehrers, der meine Tochter jahrelang auf ihren Weg begleitet hat: "Das ist ja nett von ihnen, dass sie sich die Mühe machen, das zu melden. Aber wissen sie: Wir haben immer Läuse."
Nachtrag: Etwa ein halbes Jahr später kamen sie wieder.
Im Vorübergehen höre ich meine Tochter." Mama, ich hab Läuse."
Nachdenklich kratze ich mich am Kopf. "Ist gut." bemerke ich dazu.
Die Kinder packen von selbst alle Teddys und Stofftierchen ein, verschwinden in dunklen Säcken, wo sie heute noch darauf warten, ausgepackt zu werden.
Vermutlich wegen unserem Desinteresse verschwanden die Läuse nach einmaliger Behandlung still und leise von selbst.
Bei mir ist es schon 10 Jahre her mit dem Bekämpfen der Läuse, aber damals habe ich mir den ganzen Frust und Kampf von der Seele geschrieben, verfasst in einer Kurzgeschichte. Vielleicht erheitert es den einen oder anderen hier.
Es begann so....
Ich sitze in der Küche, schäle ein paar Aepfel und hänge zufrieden meinen Gedanken nach. Der heutige Tag ist einfach toll, denn nach langen Regenschauern lässt sich endlich wieder die Sonne blicken. Ich sehe über die ungeputzten Fenster hinweg. Warum auch nicht? Morgen haben sie eh wieder Regen gemeldet.
Ich höre etwas an der Haustüre poltern und kurz danach trifft meine 17-jährige ein. Wie ein Wirbelwind fegt sie durch die Wohnung. Wie immer hat sie eigentlich keine Zeit überhaupt nach Hause zu kommen.
Im Moment führt sie folgendes Leben:
Schule-kurz nach Hause kommen-10 Minuten Zeit fürs Essen-im Blitztempo duschen-den ganzen Kasten ausräumen-10 Minuten überlegen, was sie eigentlich anziehen soll-lässt sich dabei doch noch schnell von mir davon abhalten, ihr Nachthemd anzuziehen, auch wenn es schön ist und auch wenn sie es über die Jeans tragen will.-wieder Schule-wieder kurz heim mit Gepolter-duschen-wieder die alte Kleidergeschichte. Diesmal entscheidet sie sich doch für das Nachthemd (was soll`s...solange sie es nicht in der Schule trägt?)-kurzes Zurufen, wann sie wieder nach Hause kommt mit dem Zusatz, wo sie eigentlich hingehen will-spät heimkommen, wenn ich schon viel zu müde für irgendeine Diskussion bin. Der nächste Tag, das gleiche Programm.
Meine 17-jährige kommt in die Küche und starrt kurz auf die geschälten Aepfel.
"Hallo Mama. Wie lang darf ich wegbleiben? Heute ist Donnerstag." Sie betont diesen Tag, als wenn er der Freibrief für möglichst lange Wegbleiben wäre.
Wir machen uns eine Zeit ab und sie ruft im Gehen: "Ich bin bei Niki. Tschüss." Die Schlüssel klimpern schon, da flötet sie noch aus der Ferne:" Ach übrigens, ich hab Läuse. Aber es ist nicht so schlimm. Niki hat sie auch." Rums, die Tür fällt ins Schloss und ich sitze wie betäubt da. Eine lange Minute unerträgliche Stille, ein leiser Gedanke, nein, ich will meine Idylle nicht verlieren, dann fahre ich wie von der Tarantel gestochen hoch und rase zur Apotheke.
Mist, mehr Leute als mir lieb sind, warten an der Theke. Als ich dran bin, hat sich hinter mir schon die nächste wartende Schlange gebildet. Ich sage zu der freundlich lächelnden Apothekerin: "Meine Tochter hat Kopfläuse." Das Lächeln der Apothekerin gefriert. Die türkische Mutter mit ihren beiden Jungen weicht einen Schritt von mir zurück. Unwillkürlich juckt es mich am Kopf. Die Apotheken-Kuh reicht mir schweigend ein Mittel über die Theke. Was soll das? Bei jedem Aspirin gibt sie mir ohne zu Bitten ihr fachkundiges Wissen über die Gefahren, Wirkung und Anwendung bereitwillig preis. Und jetzt? Trocken sagt sie nur: "Halten sie sich an die Anweisung des Beipackzettels. Aus-Laus ist das beste Medikament auf dem Markt."
Kein Witzchen heute, kein "schönen Tag", sie ist nur einen Hülle ihrer selbst. Egal, ich zahle und gehe. Beim Verlassen der Apotheke drehe ich mich noch ein mal um und da sehe ich es genau: Frau Apotheke kratzt sich am Kopf.
Zuhause angekommen bricht das Chaos aus. Ich kontaminiere die gesamte Wohnung. Bettwäsche weg, Plüschtiere weg. Im Tiefkühler haben sie keinen Platz. Also ab in Güselsäcke in die wochenlange Finsternis des Kellers. Alle je von meiner Tochter berührten Kleider und Tücher, also die gesamte Kollektion, ab in die Waschmaschine. Gibt grob über den Daumen gepeilt 6 Maschinengänge. Kämme, Bürsten, Spangen, Gummiringe, alles wird ausgekocht. Polsterbezüge der Couch weg, alles wird abgesaugt bis in die kleinste Ritze. Den Frühlingsputz kann ich mir sparen, versuche ich der Situation noch was Positives abzugewinnen.
Meine 13-jährige kommt nach Hause. Ich packe sie mir und schütte den ganzen Inhalt einer Laus-aus-Flasche über ihr Haupt. Eigentlich sollte ein Fläschchen ja für 3 Waschgänge reichen, aber sicher ist sicher. Nach einer Weile trudelt dann wieder meine 17-jährige ein. Meine Alarmglocken haben sie doch noch erreicht. Auf einer Seuchenstation könnte es nicht anders sein: Mürrisch hocken wir drei mit unseren einbalsamierten Köpfen um den Küchentisch.
Ich nehme mir jetzt die Zeit und lese gründlich die Beipackzettel durch: Das Lausproblem betrifft vor allem Kindergärten. Na gut, denke ich, unsere Läuse sind jedenfalls erwachsen, vermutlich wollen sie sich an der Schule weiterbilden. Haha.
Todmüde falle ich spät Abends ins Bett und habe das Gefühl, an meinem ganzen Körper krabbeln kleine Käferbiester herum.
Am nächsten Tag kontrolliere ich meine 17-jährige, die Hauptläuseverursacherin, und falle fast um. Frisch fröhlich krabbelt da eine Laus, als ob nichts wäre. Ich brauche nicht mal eine Lupe. Das ist zuviel. Was mach ich jetzt? Zu meiner Superapothekerin kann ich nicht mehr gehen. Meine Begegnung mit ihr sitzt mir noch in den Knochen.
Ich hole die grosse Schere und rufe nach meiner Tochter.
"Das wagst du nicht", raunzt sie, als sie mich mit Schere sieht. 10 Minuten später sind gute 20 Zentimeter ihrer Haare ab. Tochter ist sauer und ich denke: Schaut gar nicht so schlecht aus. Eigentlich hab ich mir schon lange gewünscht , dass sie ihre dicken kaum zu bändigenden Haare schneidet.
Ich versuche meinen Arzt zu erreichen. Der ist aber in den Ferien, schallt es mir am Telefon entgegen. Ausgerechnet jetzt, wo ich ihn am dringensten brauche.
Ich sammle die ganzen frisch gewaschenen aber inzwischen wieder laus-verseuchten Kleider und Bettwäsche ein und während die Waschmaschine läuft, versuche ich der Arztvertretung klarzumachen, dass ich ein dringendes Problem habe und jetzt einen Termin brauche. Kaltherzig antwortet er mir, ich bekomme keinen Termin, schliesslich bin ich nicht seine Patientin. Ich solle mich an die Apotheke wenden. Ich erkläre ihm, dass das ja das Problem ist: das Mittel aus der Apotheke hat versagt. Das Beste auf dem Markt.
Der Arzt ist kurz ratlos. Dann fällt ihm die Lösung ein: "Scheren sie ihrer Tochter doch den Kopf." Ich murmle noch beim Auflegen, dass meine Tochter ja kein Schaf ist.
Ich fahre ins Nachbardorf. Dort kennt mich keiner, vermute ich. Dick vermummt mit Kappe, Sonnenbrille und Schal betrete ich die Apotheke.
Wie die Geschichte weiterging?
Uns allen brannte am Abend die Kopfhaut. Und am nächsten Tag entdeckte ich wieder eine Laus auf den Kopf meiner Tochter. Lebend, wohlgemerkt.
Komischerweise hatten fast aller meiner Bekannten auch schon mal Läuse und wurden diese los, ohne dass sie die halbe Wohnung tiefgefroren hatten und sich die Köpfe kahl rasierten. Einfach so. Mit einem Mittel aus der Apotheke. Auch unseren Läusen wurde es irgendwann mal zu bunt und sie verschwanden.
Und noch eine Anmerkung: Pflichtbewusst rief ich in der Schule an, um vor den Läusen zu warnen, denn vermutlich kamen sie ja aus dieser Brutstätte. Und nun zitiere ich wortwörtlich die Antwort des Lehrers, der meine Tochter jahrelang auf ihren Weg begleitet hat: "Das ist ja nett von ihnen, dass sie sich die Mühe machen, das zu melden. Aber wissen sie: Wir haben immer Läuse."
Nachtrag: Etwa ein halbes Jahr später kamen sie wieder.
Im Vorübergehen höre ich meine Tochter." Mama, ich hab Läuse."
Nachdenklich kratze ich mich am Kopf. "Ist gut." bemerke ich dazu.
Die Kinder packen von selbst alle Teddys und Stofftierchen ein, verschwinden in dunklen Säcken, wo sie heute noch darauf warten, ausgepackt zu werden.
Vermutlich wegen unserem Desinteresse verschwanden die Läuse nach einmaliger Behandlung still und leise von selbst.