10
Liebe Mamabär
Ich bin seit mehr als zehn Jahren als Spielgruppenleiterin tätig und es ist doch einfach so, dass wir alle - auch wir Erwachsenen - in unserer persönlichen Entwicklung unterschiedlich weit sind. Diese Wahrheit ist für mich das A und O, für dass ich diese Arbeit überhaupt ausüben kann.

Wenn ich beobachte, dass ein Kind von anderen immer wieder ausgeschlossen wird, dann ist es an mir dafür zu sorgen, dass sich dies in Zukunft ändern kann. Kinder sind sehr empfänglich und man kann auf eine adäquate Art einem Kind, welches andere partout nicht mitspielen lassen kann, auffordern zu überlegen, wie es für ihn wäre, wenn es ausgegrenzt würde. Dafür muss man nicht ständig die Polizistin mit erhobenem Zeigefinger sein. Es braucht ein Gespür der Aufsichtsperson, welche solche Szenarien gar nicht erst aufkommen lässt. Also bei mir und meiner Kollegin klappt dies meistens bestens. Unsere "Spielgrüppeler" lernen von Beginn weg einen guten, rücksichtsvollen und fairen Umgang mit den anderen zu pflegen.

Bei den Elterngesprächen unserer Tochter (mittlerweile 12J) hörten mein Mann und ich im Kindergarten und in der Unterstufe auch ständig, sie sei viel zu scheu und zurückhaltend und hätte den Platz in der Gruppe noch nicht gefunden. Es war sogar die Rede von Abklärung. Schulisch war sie jedoch immer bei den Besten. Dass die Kindergärtnerin uns als Eltern jedoch beim Sprechen nie richtig in die Augen schauen konnte, davon sprach natürlich keiner. Heute steht unsere Tochter kurz vor der Oberstufe und wird in einer Theateraufführung in ein paar Wochen eine Hauptrolle spielen. Nur soviel zu einem scheuen Kind.

Ich habe Mühe mit Fachpersonen, welche an Elterngesprächen laufend solche Aussagen machen und dadurch viel Unsicherheit stiften. Ständig wird der Fokus auf unsere Kinder gesetzt. Dieses und jenes machen sie noch nicht gut genug, hier reicht die Leitstung noch nicht aus, um es im Leben weiter zu bringen. Ich frage mich oftmals, woher wir uns dieses Recht eigentlich nehmen. Ich bin doch als Spielgruppenleiterin in der Verantwortung, dass sich jedes Kind gleichermassen wohl fühlt. Das heisst ich schaue dafür, dass es keine emotionalen Zurückweisungen gibt, dass aufeinander Rücksicht genommen wird usw. Eben alles ganz, ganz wichtige Eigenschaften, welche heute in dieser leistungsorientierten Gesellschaft viel zu kurz kommen.

Lasst Euch als Eltern nicht unterkriegen. Glaubt an die Fähigkeiten, welche in Eurem Kind steckt. Gebt ihm nicht zu spüren, dass mit ihm etwas nicht in Ordnung sein könnte. Viel mehr müsste sich die Kindergärtnerin fragen, was mit ihr nicht so in Ordnung ist, weshalb sie es bisher nicht geschafft hat, Euer Kind auf eine gute Art und Weise in die Gruppe zu intregieren.

Ich wünsche Euch von Herzen alles Liebe und Gute.

3 Kommentare Sortierung: Neuste Bewertung Chronologisch

2
Ich finde deinen Kommentar sehr passend und befürworte diesen sehr...
1
Vielen Dank liebe Regenbogenweter, für Deine schöne Antwort. Ich glaube auch, dass es am besten wäre, die Kindergärtnerin könnte das eine Mädchen mal "beiseitenehmen" und fragen, wie es sich fühlen würde, wenn es nie mitspielen dürfe. Unsere ist dann wohl einfach zu scheu um zusagen "Nein, alle Kinder dürfen mitspielen" (oder in der Art). Ich versuche ihr das daheim so zu vermitteln (weil sie oft heimkommt und erzählt, dass sie nicht mitspielen durfte und sie das traurig macht). Ich selbst kann dem Mädchen nichts sagen, ich habe höchstens überlegt ob ich mal das Mami darauf ansprechen soll? Aber besser fände ich schon, die Kindergärtnerin könnte etwas unterstützen...
1
Du vertrittst aber auch eine einseitige Sicht.